professionell...unabhängig...engagiert
Johann Simon Genten, Aachen
19. Mai 2011

Unfallversicherungsschutz bei einer Tätigkeit "wie ein Versicherter"

Interessant sind immer Konstellationen, bei den Menschen Unfälle erleiden, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen. Ein junges Mädchen erleidet auf dem Gelände einer Reitschule Verletzungen im Bauchbereich durch einen Pferdetritt (Rissverletzungen von Milz und Niere bei kompletter Ruptur des Nierenparenchyms, massiver Ruptur des Parenchyms der Milz; akute Blutungsanämie). Dies geschah, als sie Pferde von der Koppel holte und zwar im Auftrag des Reitstallbesitzers. Die Berufsgenossenschaft will jedoch keinen Arbeitsunfall anerkennen und keine Rente zahlen. Das sieht das Sozialgereicht Aachen anders !
Das Mädel war vorher längere Zeit mit einer Jugendhilfegruppe zum Voltigieren in den Stall gekommen und hat dann den Stall auch aus eigenem Antrieb besucht, so wie es sicher viele Mädels tun !
Am Unfalltag war die Klägerin mit einigen Reitschülerinnen im Aufenthaltsraum gewesen, als Reitstallbesitzerin dort vorbeigekommen sei und die Anwesenden aufgefordert habe, zwei Pferde von der Koppel zu holen. Hiervon hat sich die Klägerin dann ebenfalls angesprochen gefühlt und ist mitgegangen. Dies ist auch nicht moniert worden.
Während die Bg den Anspruch auf Leistungen aus der Unfallversicherung ablehnte, weil kein Versicherungsschutz bestand, hat das Sozialgericht Aachen die Auffassung vertreten, das Mädchen habe eigentlich wie ein Arbeitnehmer Aufgaben verrichtet und damit einen Rentenanspruch gegenüber der Berufsgenossenschaft erworben.
Im Leitsatz heißt es:
1. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB 7 sind Personen gegen einen Arbeitsunfall versichert, die wie ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB 7 Versicherter tätig werden.
2. Hierzu ist erforderlich, dass es sich bei der unfallbringenden Tätigkeit um eine solche mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung gehandelt hat. Nicht wie ein Versicherter wird tätig, wer mit seinem Verhalten in Wirklichkeit wesentlich seine eigenen Angelegenheiten verfolgt.
3. Eine solche Tätigkeit steht dann unter Unfallversicherungsschutz, wenn die zum Unfall führende Tätigkeit dem Willen des Unternehmers entsprochen hat und sie ihrer Art nach von Personen verrichtet werden konnte, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen.

(Sozialgericht Aachen, Urteil v. 25.11.09 - S 8 U 29/09)