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Johann Simon Genten, Aachen
1. September 2016

Versorgungsausgleich: Rentenversicherung kürzt (aus Versehen) doppelt

Es gibt immer wieder bemerkenswerte Fälle behördlichen Versagens, über die man nur den Kopf schütteln kann. Unglaublich eigentlich auch folgender Fall:
Herr H bezieht seit 8 Jahren Altersrente und legt mir einen aktuellen Bescheid der Knappschaft Bahn See vor, mit welchem diese ihm mitteilt, dass seine Rente nun um ca. 258,oo Eur monatlich gekürzt würde, weil seine 1991 geschiedene Frau nun Rente beziehe. Außerdem forderte man von ihm 516,00 Euro für zurückliegende zwei Monate zurück.
Herr H bittet mich, den Bescheid zu prüfen. Herr H hat auch seinen Altersrentenbescheid aus 2008 dabei. Ich schaue mir diesen Bescheid an und stelle überrascht fest, dass die Rente bereits seinerzeit aufgrund des Versorgungsausgleiches  gekürzt worden war.
In der Rentenversicherung werden hierbei Entgeltpunkte, die das Gericht vorher festgelegt hat entsprechend von der Rente abgezogen. Er hatte auch keinen Unterhalt gezahlt, was dazu hätte führen können, dass der Versorgungsausgleich sozusagen ausgesetzt gewesen wäre.
Da bei Herrn H. der Versorgungsausgleich bereits in Abzug gebracht worden war, ist der Bescheid der Knappschaft grob rechtswidrig. Der Bescheid ist somit aufzuheben. Die Knappschaft muß die Kosten für das erfolgreiche Widerspruchsverfahren tragen.
Doch das war nicht der einzige Fehler. Bemerkenswert ein weiteres Unding: Die Knappschaft wollte die Rente um 258,00 Euro mindern. Selbst wenn sie recht gehabt hätte und der Versorgungsausgleich noch nicht durchgeführt worden wäre, wäre auch diese Zahl falsch gewesen, denn die Rente wäre nur um circa 180,00 Eur  zu kürzen gewesen. Auch das ein grober Fehler.
Zwei grobe Fehler, die sprachlos machen müssen...
Bei weitere Prüfung des Bescheides konnte ich ein Herrn H. mitteilen, dass sich ein Abänderungsverfahren beim Versorgungsausgleich lohnen würde. Die Ehe war 1991 geschieden worden. Aus ihr waren vier Kinder hervorgegangen. Im Versorgungsausgleich werden die jeweiligen Anwartschaften der Ehegatten aus Versorgungsansprüchen miteinander verglichen. Der, der mehr hat muss abgeben. Gerechnet wird zum Zeitpunkt der Scheidung und das war ja 1991. Zwischenzeitlich werden Kindererziehungszeiten aber deutlich besser bewertet. Da die Ex, die jetzt auch in Rente gegangen ist, für diese in der Ehe erworbenen Zeiten nun mehr bekommt als seinrzeit festgestellt, sollte auch ihr geschiedener Mann Anteil daran haben. So habe ich im vorliegenden Fall ein Abänderungsverfahren beim Amtsgericht eingeleitet. Dies wird dazu führen, dass Herr H circa 60,00 Eur monatlich mehr Rente erhält.