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Johann Simon Genten, Aachen
30. April 2015

VBL und andere Zusatzversorgungen: Startgutschriften sind rechtswidrig und unverbindlich/ Betriebsrenten zu niedrig

Bei der VBL und anderen Zusatzversorgungen kam es im Jahre 2001 zu einer radikalen Systemumstellung bei den Betriebsrenten. Seinerzeit wurde im Rahmen von Übergangsregelungen unterschieden zwischen rentenfernen und rentennahen Jahrgängen. Zum Teil erhebliche Einbussen musste die renten-fernen Jahrgänge hinnehmen. Der BGH  (14.11.2007, Aktenzeichen: IV ZR 74/06) hatte die Neuregelungen allerdings z.T. kassiert. Hierauf hatten sich die Tarifvertragsparteien auf ein neue Berechnungsmodalitäten geeinigt.
Auch diese sind aber in der Fachöffentlichkeit kritisch betrachtet worden. Nachdem bislang die Gerichte die Neureglungen abgesegnet hatten, kam es jetzt zu bemerkenswerten Entscheidungen.  Das Landgericht Berlin war bereits in den Urteilen der 7. und 23. Kammer (Urteil vom 22.01.2014, 23 O 144/13, nicht veröffentlicht; Urteil vom 11.02.2014, 7 O 14/13, nicht veröffentlicht; Urteil vom 27.03.2014, 7 O 208/13 - juris) zum Ergebnis gekommen, die neuen Satzungsregelungen entsprächen nicht den Vorgaben des BGH.
Nun hat auch das OLG Karlsruhe (18.12.2014, Aktenzeichen: 12 U 104/14) die Neuregelungen kritisiert und erklärt, dass es die von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder infolge ihrer Systemumstellung für so genannte rentenferne Versicherte erteilten Startgutschriften auch nach der Überprüfung nach den Regeln der 17. Änderung der VBL-Satzung für nicht verbindlich hält.
Das mit der Änderung eingeführte Vergleichsmodell beseitigt demnach die vom Bundesgerichtshof in dessen Urteil vom 14. November 2007 (BGHZ 174, 127) festgestellte Ungleichbehandlung von Versicherten mit berufsnotwendig langen Ausbildungszeiten nicht.
Die Unverbindlichkeit führt derzeit laut OLG noch nicht dazu, dass die betroffenen Versicherten nach den vor der Systemumstellung geltenden Regeln zu behandeln sind, was natürlich in der Regel zu erheblich höheren Ansprüchen führen würde; vielmehr ist den Tarifvertragsparteien (erneut) Gelegenheit zu geben, eine verfassungskonforme Übergangsregelung zu schaffen.