professionell...unabhängig...engagiert
Johann Simon Genten, Aachen
21. Juni 2013

Rentenversicherung will 20000,- Euro zurück: Rückforderung unberechtigt !

In der Praxis des Profis nicht selten sind Vorsprachen von Menschen, die sich mit z.T. beträchtlichen Rückforderungen von Seiten der Rentenversicherung konfrontiert sehen. So zum Beispiel Frau N., die bereits seit langen Jahren eine Witwenrente bezieht. Sie ist entsetzt, als sie ein Schreiben des Rentenversicherungsträgers erhält, mit welchem dieser eine Summe von 20000,- Euro zurückfordert und die laufende Rente ab sofort um 150,- Euro mon.- kürzt: "Das kann ich doch nicht und die Kürzung, da muss ich dann zum Amt". Schnell stelle ich fest, dass der ursprüngliche Rentenbescheid, mit dem die Rente bewilligt wurde, tatsächlich falsch war. Der Rentenversicherungsträger hatte eine sogenannte "Anrechnungszeit" in der Rente berücksichtigt, die gar nicht zu berücksichtigen war! Ein grober Fehler des verantwortlichen Sachbearbeiters, der zu einer deutlich höheren Rente führte. Frau N: "Muss ich also die Rente zurückzahlen und die Kürzung hinnehmen" ?
In derartige Fällen ist immer neben der materiellrechtlichen Prüfung zu untersuchen, was das Verfahrensrecht sagt. Im Sozialgesetzbuch X ist in den §§ 44-48 ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt zurückgenommen werden kann.
Es handelt sich hierbei um zum Teil hoch komplizierte Regelungen, deren Interpretation in Bezug auf den vorliegenden Fall den Rahmen sprengen würde. Im Falle von Frau N. ist es jedoch schlicht so, dass die Rentenversicherung nur dann eine Rückforderung erheben zu Recht  erheben könnte, wenn die Rentenempfängerin „bösgläubig“ war. Laienhaft ausgedrückt bedeutet das, dass sie wusste oder hätte wissen oder erkennen müssen, dass der ihr zugestellte Rentenbescheid falsch war. Im vorliegenden Fall war dies eindeutig nicht so und es gelang es mir unter Hinweisen auf einschlägige Rechtssprechung, den Rentenversicherungsträger hiervon auch zu überzeugen. Von einer Bösgläubigkeit konnte hier nicht ausgegangen werden. Aufgrund eines erweiterten Vertrauens- und Besitzschutzes in den Verwaltungsakt und der Tatsache, dass sich die Witwe auf die (zu hohe) Zahlung eingestellt hatte, nahm der Rentenversicherungsträger im vorliegenden Fall nicht nur die Rückforderung, sondern auch die Kürzung der Rente zurück.
Fazit: Wer sich mit derartigen Rückforderungen konfrontiert sieht, sollte immer genau prüfen oder prüfen lassen, ob die Forderung materiellrechtlich wie auch verfahrensrechtlich erhoben werden kann.