In jüngerer Zeit wurde von Bürgerinnen und Bürgern sowie der öffentlichen Berichterstattung zunehmend die Unabhängigkeit, Neutralität und Qualität gerichtlich bestellter Sachverständiger in Frage gestellt. Dies ist auch auf eine fehlerhafte Auswahl der Sachverständigen durch die Gerichte zurückzuführen.
Die Regierungskoalition hat deshalb ein neues Gesetz beschlossen, welches mittlerweile Rechtskraft erlangt hat. Man hat sich die Gewährleistung der Neutralität gerichtlich beigezogener Sachverständiger sowie die Verbesserung der Qualität von Gutachten zum Ziel gesetzt. Durch größere Transparenz im gerichtlichen Auswahlverfahren soll das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Neutralität der Sachverständigen erhöht werden und sichergestellt werden, dass die Gerichte qualifizierte Sachverständige ernennen, so eine Homepage der Bundesregieung.
Durch das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (...) v. 11.10.16 wurde u.a. § 404 ZPO geändert, der auch für das sozialgereichtliche Verfahren gilt:
§ 404 Sachverständigenauswahl
(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es andere ernennen.
(2) Vor der Ernennung können die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden.
(3) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.
(4) Das Gericht kann die Parteien auffordern, Personen zu bezeichnen, die geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden.
(5) Einigen sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige, so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann jedoch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken.
Nun sieht man, dass es sich bei dem Mitspracherecht um Kann-Bestimmungen handelt. Schauen wir jedoch auf die Gesetzesbegründung (s.unten im Downloadbereich):
"Es erscheint zweckmäßig, die Parteien bzw. die Beteiligten von Gesetzes wegen regelmäßig bereits zu einem frühen Zeitpunkt zur Person des Sachverständigen, den das Gericht zu ernennen beabsichtigt, anzuhören, um ihre Beteiligungsrechte zu stärken und die Tatsachengrundlage des Gerichts für die Auswahl des Sachverständigen zu verbessern. Dabei steht es den Gerichten frei, den Zeitpunkt der Anhörung zu wählen, solange sie so rechtzeitig erfolgt, dass die Parteien bzw. die Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme haben. So kann die Anhörung bereits bei der Zustellung der Klageschrift oder Klageerwiderung, im Rahmen eines frühen Termins oder erst im Rahmen der Bestimmung des Termins, in dem der Sachverständige ernannt werden soll, erfolgen.
Im sozialgerichtlichen Verfahren kann die Anhörung je nach den Umständen des Einzelfalls z. B. auch im Rahmen vorbereitender verfahrensleitender Maßnahmen oder in einem Erörterungstermin erfolgen (§ 106 SGG). Das Gericht kann die Parteien bzw. Beteiligten auch vor der Ernennung zu mehreren Sachverständigen anhören, unter denen es sodann im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens seine Auswahl trifft. Wird später die Ernennung neuer oder weiterer Sachverständiger erforderlich, ist eine erneute Anhörung zu den bereits früher vom Gericht oder den Parteien bzw. Beteiligten vorgeschlagenen Sachverständigen entbehrlich."
Man darf gespannt sein, wie die Gerichte mit der neuen Vorschrift umgehen. Als Bevollmächtigter sollte man aktiv im Sinne des Gesetzes werden und Gestaltungsmöglichkeiten nutzen.