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Johann Simon Genten, Aachen
12. Dezember 2014

Mütterrente auch für Väter: Mehr für Kindererziehungszeiten vor 1992

Von TAZ bis FAZ, von Berlin bis München, von ARD bis RTL, von WDR bis Deutschlandfunk, alle benutzten in den letzten 2 Jahren völlig unkritisch den Ausdruck „Mütterrente“. Dieser Begriff -ursprünglich Wahlkampschlager von Frau Merkel- findet sich nun sogar offiziell im Sozialministerium wieder oder wird durch die Rentenversicherung benutzt, die immerhin von der „sogenannten“ Mütterrente spricht. U.a. Anlass für mich und Kollegen, eine Telefionaktion beim Zeitungsverlag Aachen anzubieten:
Telefonaktion beim Zeitungsverlag Aachen
Gemeint ist folgendes: Kindererziehende erhielten für vor dem 1.1.1992 geborene bisher nur ein Jahr Kindererziehungszeit. Für Kinder, die ab dem 1.1.1992 geboren worden sind, gibt es dagegen drei Jahre Kinderziehungszeiten.
Ein Jahr Kindererziehungszeit entspricht ca. dem Wert, der für ein Jahr Durchschnittsverdienst angerechnet wird. Im Moment liegt der Durchschnittsverdienst bei circa 34800,00 Euro brutto im Jahr. Verdient man das, bekommt man einen Entgeltpunkt, der im Moment im Westen 28,61 Euro Monatsrente wert ist. Kindererziehende werden also ab 1992 in der Rentenversicherung wie Durchschnittsverdiener versichert, zumindest für die ersten drei Jahre.
Nun bekommen die, die vor 1992 Kinder erzogen haben, zusätzlich zu dem bisherigen Entgeltpunkt (theoretisch) einen weiteren.
Bei laufenden Renten wird das eins zu eins in Form zusätzlicher Entgeltpunkte umgesetzt. Entscheidend ist hierbei, ob im 12. Monat Kindererziehung vorgelegen hat.
Bei allen anderen wird in der Regel die schon vorhandene sogenannten Kinderberücksichtigungszeit im 2. Jahr in eine Kindererziehungszeit umgewandelt.
Die konkrete Auswirkung von Kindererziehungszeiten (KEZ) und Kinderberücksichtigungszeiten (KIBÜZ) auf eine Anwartschaft ist z.T. erheblich.
Bemerkenswert ist auch, dass viele bisher einen Rentenanspruch hätten realisieren können. Krassester Fall aktuell: Frau B. ist 75 Jahre und hat drei Kinder erzogen. Zwar hat sie ab dem 1.7.14 einen Rentenanspruch, da nun 6 Jahre Beitragszeiten vorliegen und die sogenannte allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Sie hätte aber schon ab dem 65. Lebensjahr Rente erhalten können, wenn sie bei geringem Beitragsaufwand für 2 Jahre Beiträge gezahlt hätte.
Was die wenigsten wissen: Die eigentlich positive Wirkung kann im Einzelfall auch verpuffen, etwa wenn gleichzeitig hohe Verdienste vorliegen.
Zwar gibt es für die KIBÜZ (bis zu 10 Jahre nach der Geburt) nicht unmittelbar mehr Rente, das Vorliegen dieser Zeit kann jedoch ganz erheblichen Einfluss auf die Höhe einer Rente und auf Rentenanwartschaften haben.  
Kinder werden nicht nur von Müttern erzogen, sondern auch von Vätern, Großvätern und Großmüttern oder anderen Personen und all diesen stehen ggf. Kindererziehungszeiten entsprechend  zu. So verbietet es sich, von Mütterrenten zu sprechen.
Derartige Platitüden führen übrigens dazu, dass etwa Väter über die ihnen zustehenden Rechte im Zusammenhang mit Kindererziehung traditionell nicht hinreichend informiert werden und sind.
Oft es es auch sehr sinnvoll, derartige Zeiten aufzuteilen! Wichtig: Dies muß rechtzeitig und zeitnah geschehen, da ansonsten im Regelfall wiederum nur die Frau die Zeiten bekommt.