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Johann Simon Genten, Aachen
16. März 2012

Mindestrente / Mindestentgeltpunkte / Zuschussrente

Aktuell wird viel diskutiert über eine Mindestrente. Nach den Plänen von Frau von der Leyen soll es eine Zuschussrente werden, die die normale Rente aufstockt. Nach dem, was man hört, gibt es hier aber erhebliche Widerstände aus den verschiedensten Gründen. Immerhin: Die Politik ist zwischenzeitlich aufmerksam geworden, weil man feststellt, dass immer niedrigere und oft nicht zum Leben reichende Renten bewilligt werden. Vor allem die Kommunen, die als Träger der Sozialhilfe das Ganze ausbaden müssen, gingen auf die Barrikaden.
Doch: Diese Entwicklung war absehbar vor dem Hintergrund der seit 1992 anhaltenden Kürzungswelle bei der gesetzlichen Rente,  sei es in Form verminderter Zuwächse (die Renten wurden z.T. von der ohnehin schlechten Entwicklung der Löhne abgekoppelt), sei es durch die radikale Entwertung von Zeiten der Ausbildung oder aber der Arbeitslosigkeit.
Was die Öffentlichkeit nicht weiß ist, dass wir im Grunde schon mal eine Art im Mindestrente hatten, die aber eben diesen Reformen und das bereits schon 1992 zum Opfer fiel. Es handelte sich hierbei um so genannte Mindestentgeltpunkte. Die Regelung gibt es bis heute, gilt aber nur für Zeiten bis 1992. Demnach bekommen Menschen mit niedrigem Einkommen, deren durchschnittlicher Wert an Entgeltpunkten einen gewissen Mindestwert unterschreitet, für Zeiten bis 1992 einen Zuschlag, der bis zur Hälfte der erarbeiteten Entgeltpunkte gehen kann, wenn 35 Jahre rentenrechtlicher Zeiten vorliegen.
Doch diese Regelung ist wie gesagt 1992 für Zeiten ab 1992 abgeschafft worden. Begünstigt werden also nur niedrige Entgelte bis 1992.
Das Nichtkennen dieser Regelung führt im übrigen oft zu kuriosen Ergebnissen bei der Rente. Dies dann,  wenn der Schwellenwert für die Bewilligung der zusätzlichen Entgeltpunkte überschritten wird, etwa durch weitere Arbeit mit höheren Verdiensten. Der Schwellenwert wird nämlich nicht nur aus den Zeiten bis 1992, sondern aus allen Zeiten bis zum Rentenbeginn errechnet!
Da war Frau S. in meiner Beratung, der ich sagen musste dass sie eine monatliche Rentenanwartschaft von 70 € verschenkt hatte, weil sie durch den Arbeitsverdienst  in den letzten zwei Jahren den Schwellenwert überschritten und sich damit die Mindestentgeltpunkte selbst genommen hat. Natürlich war sie hier nicht vom Rentenversicherungsträger aufmerksam gemacht worden !
Frau X. dagegen, die mich gerade noch rechtzeitig aufsuchte, konnte ich einen guten Rat geben. Es war tatsächlich so, dass sie im letzten Jahr vor Rentenbeginn ihren Verdienst nur deswegen reduzierte,  um in den Genuss der Mindestentgeltpunkte zukommen: auch hier extra 75 Euro Monatsrente!  Für eine derartige dynamische Monatsrente muss man in der Rentenversicherung oder auf dem Kapitalmarkt mehr als 15.000 € aufwenden!
Frau B. wiederum hätte durch Zahlung freiwilliger Beiträge für drei Jahre die 35 Jahre vollmachen können, die Voraussetzung für die MEP sind !
Es gibt viele Besonderheiten bei der Rente, von denen der normale Laie überhaupt nichts ahnt!
Schade, dass immer noch einen Großteil der Bevölkerung der Meinung ist, die Rentenversicherungsträger die gleiche Beratung wie Rentenberater, nur kostenlos, anbieten !