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Johann Simon Genten, Aachen
13. Dezember 2012

Lohndumping der besonderen Art: Toilettenfrauen als "Trinkgeldbewacher"

Es ist immer wieder bemerkenswert, was Firmen sich zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft anderer einfallen lassen.   Das Sozialgericht Berlin (AZ:S 73 KR 1505/10) verurteilte nun einen Reinigungsbetrieb zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von mehr als 100.000,- Euro). Der Betrieb reinigte Toiletten z. B. in Warenhäusern und Einkaufszentren und durfte dafür die Trinkgelder behalten. An die Toilettenfrauen zahlte er Löhne zwischen 3,60 und 4,50 Euro, also Hungerlöhne, um es drastisch zu formulieren. Um den tariflich für das Reinigungshandwerk festgelegten Mindestlohn zu umgehen (8,15 Euro ab 2008), argumentierte der Betrieb, die Reinigungstätigkeit habe nur eine untergeordnete Rolle gespielt, da Schwerpunkt der Tätigkeit die Bewachung der Teller für das Trinkgeld gewesen sei. Das SG lies sich hierauf zu Recht nicht ein. Die Toilettenfrauen seien schwerpunktmäßig Reinigungskräfte und nicht lediglich Bewacherinnen von Trinkgeldtellern. Es sei wesentliche Verpflichtung der Frauen, die Toiletten in einem sauberen Zustand zu halten bzw. laufend zu reinigen. Genau dafür erhielten Sie ja auch das Trinkgeld!