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Johann Simon Genten, Aachen
29. Juni 2016

Altersrente für besonders langjährig Versicherte: Vieles läuft falsch

Bei Altersrente für besonders langjährig Versicherte ist im Hinblick auf die geforderte Wartezeit von 45 Jahre eine hohe Hürde zu nehmen. Nach meiner Erfahrung werden die Versicherten im Hinblick auf Gestaltungsmöglichkeiten alles andere als optimal durch die Rentenversicherung beraten.
Mal ergeben sich auf der Hand liegende Nachzahlungsmöglichkeiten, auf die nicht hin gewiesen wird, mal werden andere grobe Fehler gemacht, wenn es um die Anrechnung von Zeiten geht.
Ein solcher Fall sei im folgenden kurz dargestellt.
Unter dem 17. Dezember 2014 erteilt die DRV Westfalen meinem Mandanten die Auskunft, dass zwar zu diesem Datum die Wartezeit für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit 529 Kalendermonaten nicht erfüllt sei, jedoch unter Anrechnung weiterer Wohnsitzzeiten in den Niederlanden bis zum 31.5.2015 die Wartezeit erfüllt sei, so dass ab dem 1.6.2015 der Bezug dieser Rentenleistung möglich sei. Unter Vertrauen auf diese Auskunft stellte der Versicherte dann den Antrag auf Gewährung einer Altersrente.
Am 2. Juli 2015 schreibt die DRV meinen Mandanten wiederum an und weist darauf hin, dass nur ein Anspruch auf eine Altersrente für langjährig Versicherte (also nicht f. besonders langjährig Versicherte) gegeben sein, allerdings mit einem deutlichen Abschlag von 9%, d.h. hier etwa 110,- Eur monatlich.
Wörtlich heißt es lapidar: „Die Auskunft vom 17.12.2014 war leider falsch. Wir bitten Sie, dies zu entschuldigen“. Es wird dann um Mitteilung gebeten, ob trotzdem eine (gekürzte) Altersrente mit einem Rentenbeginn zum 1.6.2015 gewünscht würde.
Der Versicherte lies jedoch nicht locker und bat mit Schreiben vom 18.8.2015 um eine neue aktuelle Rentenauskunft „wie am 18.8.2015 am Telefon besprochen“.
Tatsächlich wurde ihm dann mit Schreiben vom 26.8.2015 eine neue Rentenauskunft erteilt, die jedoch abweichend vom Wunsch des Versicherten nur eine Auskunft im Hinblick auf eine Altersrente für langjährig Versicherte enthielt. Leider wurden anlässlich dieser Auskunft keine Ausführungen zu der begehrten Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemacht.
Unter dem 23.9.2015 teilte mein Mandant (Niederländer, der lange in Deutschland gearbeitet hat) der DRV dann offenbar nach einem Telefonat mit einem Mitarbeiter mit: „Der gestellte Altersrentenantrag möchte ich erst nach der Regelaltersgrenze vom 29.10.2017 ohne Abschlag für mich in Anspruch nehmen, wie auch telefonisch am 23.9.2015 mitgeteilt. Für eine Eingangsbestätigung und weiteren Verlauf der Vorgangserklärung wäre ich dankbar“.
Ohne weitere Erläuterungen erhielt er dann am 1.10.2015 von der DRV ein Schreiben, dass das Verfahren abgeschlossen sei.
Nachdem er von Bekannten auf mich aufmerksam gemacht wurde, spricht er im April 2016, also 6 Monate später, bei mir vor.
Nach Sichtung der Unterlagen ist der Fall für mich relativ schnell klar. Ich entwerfe ein längeres Schreiben an die DRV.
Hier mache ich deutlich, dass entgegen der Annahme der DRV aufgrund eines sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs der Rentenantrag noch anhängig und positiv zu bescheiden sei. Ganz offenbar habe man es unterlassen, den Versicherten auf klar hervortretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Diese Gestaltungsmöglichkeit liegt hier in der Zahlung von 10 Monaten freiwilliger Beiträge, wodurch die Wartezeit von 45 J. erfüllt wird. Denn zweifelsohne war im Dezember 2014 das Recht zur Zahlung freiwillige Beiträge gegeben.
Der Versicherte sei jedenfalls so zu stellen, als wäre ihm eine korrekte Beratung erteilt worden.
Kurze Zeit später bestätigt die DRV die Möglichkeit der Zahlung freiwilliger Beiträge. Nachdem der Versicherte diese eingezahlt hat, erteilt die DRV dann unter dem 24.6.16 Rentenbescheid. Die Rente beginnt pünktlich zum 1.5.15. Die Nachzahlung beträgt 17116,- Eur. Dieser Betrag hätte sich nochmal verdoppelt, wenn Herr X nicht den Weg zu mir gefunden hätte. Er hätte einen Schaden von 35000,00 Eur gehabt. Vor diesem Hintergrund finde ich es immer wieder verwunderlich, dass es immer noch sehr sehr viele Menschen gibt, die meinen, kostenlos guten Rat zu bekommmen.