professionell...unabhängig...engagiert
Johann Simon Genten, Aachen
19. Mai 2011

115.000 Euro Nachzahlung, - von der Schlafmützigkeit der Stadt Aachen oder: Wie Hilfeempfänger alleine gelassen werden !

Erstmalige Gewährung einer Erwerbsminderungsrente rückwirkend ab 1995 erfolgreich durchgesetzt. Jahrelanger Sozialhilfebezug eines psychisch Kranken. Erst der Rentenberater entdeckt möglichen Rentenbezug.
 

Vor ca. 3 Jahren übernahm ich ein Mandat. Der 45 jährige Mann war schwer psychisch krank und bezog seit mehr als 20 Jahren Sozialhilfe (!!!). Er hatte sich bemüht, vorrangige Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen: U.a. hat er einmal eine Erwerbsminderungsrente beantragt. Der Antrag war abgelehnt worden. Er bat mich, seine Angelegenheit zu prüfen.
Rentenrechtlich bedeutsame Zeiten lagen nicht sehr viele vor. Nachdem er eine Lehre absolviert hat, hat er noch ein paar Jahre studiert, dann ist er an einer Schizophrenie erkrankt und war seitdem arbeitslos. Man habe ihm gesagt, er habe die 5 Jahre Beitragszeit nicht zusammen, daher gäbe es keine Rente, sagte er.
Ich schaute mir die Sache an, erläuterte, dass eventuell ein Rentenanspruch bestünde. Man brauche keine 5 Jahre. Oft reiche es, wenn die Wartezeit vorzeitig, also vor den 5 Jahren, erfüllt sei. Eine komplizierte Vorschrift (§ 53 SGB VI). Nach sorgfältiger Prüfung der Unterlagen erläutere ich weiter, hierfür müsse nachgewiesen werden, dass er bereits vor 23 Jahren erwerbsgemindert geworden ist.
Da der Ratsuchende kein Geld hat und auch der Sozialhilfeträger nicht bereit ist, die Sache zu bezahlen, erfolgt Vertragsschluss auf der Basis eines vom Erfolg abhängigen Honorars.
Ich beginne mit meiner Arbeit, die sich als aufwändig darstellt. Nach Abschluss der medizinischen Ermittlungen stelle ich einen Rentenantrag und gleichzeitig einen Überprüfungsantrag. Die Ermittlungen ziehen sich hin und erst nachdem ich beim Sozialgericht eine Untätigkeitsklage erhoben habe, ergeht ein Bescheid.
Mit diesem Bescheid wird dem Mann rückwirkend ab 1995 (!) eine Rente wegen Erwerbsminderung bewilligt. Es ergibt sich eine Nachzahlung von 115.000 Eur! Und - die Rente ist höher als die Grundsicherung, die er bezogen hat - mit dem dann zustehenden Wohngeld wären es wohl ca. 120 Eur mehr gewesen.
So weit so gut. Leider hat der Mann das glückliche Ende dieser Geschichte nicht erlebt. Als ich ihm den Bescheid übersenden wollte, teilte man mir mit, dass er verstorben sei!
Bemerkenswert, nicht wahr! Und traurig! Und, nein, kein Einzelfall. In den 15 Jahren meiner Tätigkeit kommt und kam es immer wieder zu solchen Fällen und deswegen habe ich mich mir im Kreise psychisch Kranker in Aachen sicher nicht unberechtigt einen Namen gemacht.
Der Verstorbene hätte bereits seit 1995 besser und auch unabhängig von den Drangsalierungen des Sozialamtes leben können. Doch der Sozialhilfeträger, hier die Stadt Aachen, hat es verschlampt und versäumt, dem Mann einen adäquaten Rechtsschutz zu beschaffen!
Und es kommt noch besser: Der Stadt Aachen hatte ich zu Beginn meiner Tätigkeit mitgeteilt, dass ich gegen Erfolgshonorar tätig bin. Sie hatte das hingenommen und mich machen lassen. Dies berechtigte mich zu dem Glauben, dass im Erfolgsfall auch ein adäquates Honorar fließen würde und die Stadt Aachen von ihren Erstattungsansprüchen, soweit es mein Honorar betrifft, absieht. Doch weit gefehlt: Die Stadt Aachen zeigte mir zunächst eine lange Nase und schrieb mir, dass es sich bei der Vereinbarung zwischen dem Mandanten und mir um eine reine Privatsache handeln würde, die sie überhaupt nichts angehe!
Sie kassierte daraufhin den größten Teil der Nachzahlung. Ein Dankeschön? Zunächst Fehlanzeige! Dann protestierte ich energisch und hörte drei Monate lang nichts. Erst nach erneutem Protest an den Oberbürgermeister, den Behindertenbeauftragten und einer Dienstaufsichtsbeschwerde zahlte reduzierte die Stadt ihren Erstattungsanspruch und übernahm das Honorar.
Einen ähnlichen Streit führe ich mit dem Kreis Düren.
Angesichts deutlicher und nachweisbarer Erfolge, die sich auch für die Kommunen bezahlt machen, ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass diese Wirken professioneller Rentenberater nicht anerkennen und bei jeder Gelegenheit blockieren. Dies vor allem vor dem Hintergrund des ehernen Grundsatzes der Hilfe zur Selbsthilfe und natürlich vor dem Hintergrund der leeren Kassen der Kommunen!